60 Jahre Musikverein Wiesenbach

erfolgreicher Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne
Gegründet am 3. Juni 1959, trafen sich in der Folge wöchentlich eine Handvoll Musiker im Gasthaus „Zum Löwen“ zur Probe und spendeten jeweils 50 Pfennige, um einen Grundstock für einen Verein zusammen zu bekommen. Heute hat der Musikverein Wiesenbach über 60 aktive Mitglieder und probt im eigenen modernen Vereinsheim – u.a. für die zahlreichen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr.

Ein Jubiläumsmusikfest der besonderen Art
Die Situation ist unglaublich: Die Musiker *innen des Vereins spielen etwa eine Stunde auf der Tribüne am Rathausplatz, da blitzt und donnert es. Der Himmel öffnet seine Schleusen. Es regnet ununterbrochen für den Rest des Abends. Anders als das Orchester sitzen die meisten Gäste unter freiem Himmel. Aber statt nach Hause zu gehen, bleiben sie da, feiern weiter, singen mit und tanzen auf dem Platz bis weit nach Mitternacht. Der Abend schließt mit „Music“ von John Miles, der inoffiziellen Hymne des Musikvereins. Die Stimmung ist großartig. Manche Gäste sind zu Tränen gerührt. „So etwas gibt es nur beim Musikverein in Wiesenbach“, so der begeisterte Kommentar einzelner Besucher. In der Tat, der Musikverein Wiesenbach wird nicht nur von den eigenen Mitgliedern als etwas Besonderes erlebt. Was aber macht diese Besonderheit für sie aus?

Breites Repertoire
Liest man das Programm des Jubiläumskonzerts der Hauptkapelle vom März dieses Jahres, dann wird eines schnell klar. Ob konzertant, ob traditionelle Blasmusik, ob Big-Band-Jazz oder für Bläser umgearbeitete Stücke aus den Bereichen Pop und Rock, ob instrumental oder Gesang: Hier ist man in zahlreichen Genres zuhause und kann jeden Geschmack bedienen.
Möglich wird dieses breite Repertoire nicht nur durch die Bereitschaft, sich für verschiedenste musikalische Richtungen zu öffnen, sondern auch durch eine erweiterte Besetzung im Rhythmusbereich, die inzwischen auch E-Bass, E-Gitarre und Piano einschließt. Sie schafft nicht nur große Möglichkeiten bei der Liedauswahl, sondern sorgt insbesondere bei den modernen Stücken klanglich für ein entsprechendes Fundament. Bei diesem Repertoire überrascht es nicht, dass sich auch junge Musizierende angesprochen fühlen und gut ein Drittel der Musiker*innen unter 25 Jahre alt ist.

Hohe Qualität der Interpretation
Bei der Interpretation der Stücke strebt Dirigent Klaus Knörzer, der die Hauptkapelle seit 30 Jahren – ehrenamtlich – leitet, eine hohe Qualität an. Dass ihm dies gelingt, wird regelmäßig vom Publikum, darunter auch Dirigentenkollegen, bestätigt. Knörzer versteht es, die Musiker*innen zu führen. Er sucht passende Stücke aus, stellt Anforderungen, begleitet und unterstützt jeden Einzelnen und kann dabei auf eine Vielzahl hervorragend ausgebildeter Instrumentalisten zurückgreifen.

Gute Ausbildung bestimmt die Zukunft
„Eine gute Ausbildung“, so Jugendleiter Wolfgang Arnold, „entscheidet darüber, ob ein Verein langfristig attraktiv bleibt und damit eine Zukunft hat“. Neben den Ausbildern aus den eigenen Reihen werden selbständige Lehrkräfte und auch Lehrpersonal aus der Musikschule Neckargemünd einbezogen, mit der inzwischen eine intensive Kooperation besteht.
Dies macht es möglich, die Ausbildung für die Gesamtheit der vertretenen Instrumente auf hohem Niveau abzudecken. Die Ausbildung im Instrumentalunterricht wird ergänzt durch den Besuch der D-Lehrgänge des Blasmusikverbandes Rhein-Neckar. Fast jedes junge Mitglied kann hier inzwischen einen oder mehrere erfolgreich abgeschlossene Lehrgänge nachweisen.
Jugendleiter Arnold hat auch den Nachwuchs am Dirigentenpult im Blick. Zwei Jungmusiker haben den C3-Kurs des BVBW „Leitung von Blasorchestern“ absolviert und übernehmen bereits Verantwortung in der musikalischen Führung.

Jugendkapelle
Zur Ausbildung gehört auch das Spiel in der über 30 Mitglieder zählenden Jugendkapelle des Vereins. Dort stehen vor allem die Bereiche Big­-Band-Jazz, Pop und Musical im Vordergrund. Die jungen Musiker*innen können hierbei Auftrittserfahrung sammeln und ihre Fähigkeiten zur Improvisation voll entfalten. Die Qualität der Jugendkapelle hat sich in den letzten fünf Jahren stets weiter entwickelt und mündete schließlich in der Produktion einer CD im letzten Jahr. In diesem Jahr war eine mehrtätige Reise nach Südböhmen und das Musizieren mit tschechischen Jugendlichen eine besondere Erfahrung.
Um allerdings Musiker*innen Auftrittsmöglichkeiten zu geben, die noch ganz am Anfang ihrer musikalischen Entwicklung stehen, wurde nun als Vorstufe der Jugendkapelle ein weiteres Ensemble, die sogenannten „Hit Kids“, gegründet.

Modernes Vereinsheim – ein Meilenstein
Vor über zehn Jahren trafen die Verantwortlichen des Vereins eine weitreichende Entscheidung: den Bau eines eigenen Vereinsheims. Ein auf akustische Bedürfnisse ausgelegter großzügiger Proberaum, ein Nebenraum für Vereinssitzungen, Unterrichtsräume, eine Küche und ein großes Lager wurden eingeplant. Inzwischen ist die Heimstätte des Musikvereins Dreh- und Angelpunkt des Vereinslebens, und zwar nicht nur in musikalischer Hinsicht.

Eine starke Gemeinschaft
Auch Außenstehende formulieren es als das zentrale Merkmal des Vereins: Es ist die Einheit von Musizieren und menschlicher Begegnung mit einer Vielzahl darüber hinaus reichender Aktivitäten und einer Vielfalt von Kompetenzen, welche aktive und passive Mitglieder einbringen. „Ein besonderes Augenmerk der Verantwortlichen“, so der Vereinsvorsitzende Matthias Köstle, „liegt hierbei auf der Weiterentwicklung des Vereins und die Entwicklung des Einzelnen in einer und durch eine starke Gemeinschaft“. „Dies ist ein Verein“, so Wiesenbachs Bürgermeister Eric Grabenbauer, „der einen unglaublichen kulturellen Reichtum für die Gemeinde bedeutet.“

Markus Rösch